Wien, das kranke Herz Österreichs

Hier ist eine fokussierte, quellengesicherte Analyse zu Beschaffung und „Stadt-Deals“ der Stadt Wien (2000–2025) – mit Risiko-Bewertung (Korruption/Kickbacks), Fazit und konkreten Verbesserungen.

1) Muster & Risiko-Treiber (Kurzüberblick)

  • Wiederkehrende Schwachstellen bei großen Stadt-/Konzernprojekten: unvollständige Dokumentation, direkte Vergaben bzw. geringe Wettbewerbstiefe, unklare Nachtrags- und Änderungssteuerung, Interessenkonflikte im Konzernumfeld, sowie mangelhafte Ex-ante/Ex-post-Kontrollen. Das zeigen u. a. Berichte von Rechnungshof (Bund) und Stadtrechnungshof Wien. Der Rechnungshof+2Der Rechnungshof+2

2) Repräsentative Fälle (Auswahl) – Fakten & Risiken

Krankenhaus Nord / Klinik Floridsdorf (Bau, 2008–2019)

  • RH und Untersuchungskommission rügten Governance, Kostensteuerung, PPP-Erwägungen und Projektorganisation; Endabrechnung ~1,262 Mrd. € (politischer Kostendeckel laut Stadt eingehalten), zuvor massive Kosten- und Terminrisiken. Strafrechtliche Ermittlungen u. a. gegen KAV-Spitze wurden später eingestellt. Risikofaktoren: komplexe Vergabeketten, unklare Rollen/Änderungsmanagement, Beraterleistungen. Kurier+5Der Rechnungshof+5Deutsch+5

Wien Energie – Handelsgeschäfte & Liquiditätskrise (2022)

  • RH stellte u. a. Dokumentations- und Transparenzdefizite in der Medienarbeit der Stadt fest (separater Bericht) und analysierte bei Wien Energie das Risikomanagement, Margin-Call-Liquidität und Aufsichtsstrukturen (2017–2022). Risikofaktoren: Marktrisiko/Derivate, Sicherheiten-Management, Konzern-Governance/Interessenkonflikte (z. B. „Selbstentlastung“ vor 2021 behoben). Parlament Österreich+1

Inseraten- & Medienarbeit der Stadt (laufend, Bericht 2025)

  • Bundes-RH bemängelt fehlende Gesamtsicht/Transparenz, Direktvergaben und unzureichende Begründungen einzelner millionenschwerer Kampagnen; Stadt kündigt Maßnahmen an/verteidigt Praxis. Risikofaktoren: politische Einflusskanäle, Wirtschaftlichkeit/Zweckmäßigkeit schwer nachprüfbar, Sponsoring-ähnliche Kooperationen. Die Presse+3Der Rechnungshof+3Der Rechnungshof+3

Wiener Wohnen (Vergaben/Sanierungen)

  • RH-Follow-up und Berichte zu Vergaben/Sanierungsprojekten; einzelne aktuelle Causen mit unklarer Unterlagenlage bzw. Nachvollziehbarkeit der Kosten. Risikofaktoren: große Rahmenverträge, Nachträge, Dokumentationslücken. Der Rechnungshof+1

Wiener Linien / U-Bahn-Investitionen (Ausbau, Vergaben)

  • RH-Nachfrageverfahren zu Bund/Land-Finanzierung; bei Großprojekten generell erhöhte Risiken bei Claim-/Nachtragsmanagement (RH-Querschnitt). Risikofaktoren: Projektänderungen, Leistungsabweichungen, Preisanpassungen. Der Rechnungshof+1

Weitere Prüfstränge Stadtrechnungshof (Auswahl 2023/24)

  • Inseratenpraxis (Teile 1/2), MA-Vergaben (MA 19), WienMobil-Leistungen, Wien Kanal-Bau/Instandsetzung, EU-Förderagentur u. a. – jeweils mit Maßnahmenempfehlungen. Risikofaktoren: Einzelfallabhängig, häufig Dokumentation/Wirtschaftlichkeit/Steuerung. Stadtrechnungshof

3) Risiko-Einstufung (2000–2025)

  • Hohes Risiko: „Politik-nahe“ Großprojekte (Bau/Gesundheit), Konzessions-/Kommunikationsausgaben, Energiehandels-/Finanzierungsentscheidungen im Konzern.
  • Mittleres Risiko: Bau-/Infrastruktur mit vielen Nachträgen, Betriebsmodelle (PPP/Leasing) und komplexe Serviceverträge.
  • Niedriger (aber vorhanden): Standardbeschaffungen über wettbewerbliche Verfahren mit lückenloser Dokumentation.
    Begründet durch mehrfache Prüfkritik zu Transparenz, Wirtschaftlichkeit und Governance; strafrechtlich endeten einzelne Causen ohne Anklage/Verurteilung, was die Compliance- und Steuerungsfrage jedoch unberührt lässt. Der Rechnungshof+3Der Rechnungshof+3Kurier+3

4) Fazit

Die Stadt Wien verfügt über Prüf- und Kontrollinstanzen (Stadt-/Bundes-RH) und hat bei prominenten Fällen nachgeschärft. Kernproblem bleibt die Praxis: unvollständige Datenlagen, Direktvergaben, schwache Begründungen und ein Änderungs-/Nachtragsmanagement, das Preis-/Leistungsklarheit verwässert. Kickback-Risiko entsteht weniger durch „den einen Deal“, sondern durch systemische Intransparenz entlang der Kette Ausschreibung → Zuschlag → Vertragsänderungen → Leistung → Zahlung → Kommunikation. Der Rechnungshof

5) Konkrete Verbesserungen (6–18 Monate umsetzbar)

  1. Open-Contracting (OCDS) für Stadt & Konzern
    Vollständige, maschinenlesbare Veröffentlichung von Ausschreibungen, Angeboten (anonymisiert), Zuschlägen, Verträgen, allen Nachträgen/Änderungen, Leistungs- und Zahlungsdaten; inkl. Offenlegung externer Agentur-/Berater- und Medienkooperationsverträge. Der Rechnungshof
  2. Zentrale Medien-/Inserate-Datenbank in Echtzeit
    Einheitlicher, öffentlich einsehbarer Katalog: Zweck, Kampagnenziel, Vergabeverfahren, Markt-/Preisvergleich, Agenturvergaben, Reichweiten-/Outcome-KPIs; Direktvergaben > 100 T€ nur mit verpflichtender Wirtschaftlichkeitsbegründung. Der Rechnungshof+1
  3. Red-Flag-Analytics in Vergabe-IT
    Automatisches Flagging von Anbieter-Wettbewerben, Serien-Direktvergaben, Preis-Outliern, und Nachtragssteigerungen (> 10 % / > 25 % / kumuliert); Live-Zugriff für Stadtrechnungshof/WKStA. Der Rechnungshof
  4. Strikte Nachtrags- & Änderungs-Governance
    Obergrenzen und Pflicht-Begründungen für Vertragsänderungen; unabhängiges „Change-Board“ ab 10 % Wertänderung; Veröffentlichung der Änderungsakten. (Querschnitts-RH zeigt Wirkung solcher Regeln.) Der Rechnungshof
  5. Interessenkonflikte & Konzern-Governance
    Klare Trennung von Eigentümervertretung, Aufsicht und operativer Entlastung (Lehren aus Wien-Energie); verpflichtende Beneficial-Ownership-Angaben bei allen Bietern/Agenturen; Lobby-/Kontaktkalender der Top-Entscheider. Parlament Österreich
  6. Dokumentationspflicht „ohne Ausreden“
    Keine Vergabe/Kooperation ohne vollständige Aktenlage (Zweck, Marktvergleich, KPIs, Alternativennutzen) – besonders bei Medienkooperationen außerhalb von Kampagnen. wien.ORF.at+1
  7. Whistleblowing mit Schutz & Feedback
    Externe Meldestelle für Stadt-Konzern, 90-Tage-Feedbackpflicht, jährlicher öffentlicher Report (Anzahl, Art, Maßnahmen). (Implementierung ist vorhanden, Wirkung durch Praxis stärken.) Stadtrechnungshof
  8. Prüf-Backlog bereinigen & Roadmap veröffentlichen
    Stadtrechnungshof-Prüffelder (Inserate, MA-Vergaben, WienMobil, Wien Kanal etc.) mit Maßnahmenplänen, Deadlines, Verantwortlichen und Quartals-Status online konsolidieren. Stadtrechnungshof
Sharing is Caring! Thanks!

Leave a Reply

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.