Kurze Zusammenfassung der Konfliktursachen (Bullet Points):
- Historische Ursachen: Zerfall des Osmanischen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg und Kolonialismus führten zu neuen Grenzziehungen. Das britische Mandat in Palästina (1918–1948) und die Balfour-Deklaration von 1917 versprachen eine „nationale Heimstätte“ für Judenbpb.de, während arabischen Führern gleichzeitig eigene Reiche in Aussicht gestellt wurdenbpb.de. Die Gründung Israels 1948 nach dem UN-Teilungsplan löste Krieg mit arabischen Nachbarn aus und führte zur Flucht/Vertreibung Hunderttausender Palästinenser (Nakba)erinnern.at.
- Politische Ursachen: Aufeinandertreffen zweier Nationalbewegungen – der Zionismus (jüdischer Nationalismus, geprägt durch Verfolgung in Europabpb.de) und der arabische Nationalismus (Streben nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung in arabischen Gebieten). Daraus entstand der israelisch-palästinensische Konflikt um dasselbe Land, in dem beide Seiten ethnisch-nationale Ansprüche erhebenerinnern.at. Die Großmächte beeinflussten den Konflikt: Britische Kolonialpolitik legte den Grundstein, im Kalten Krieg unterstützten die USA (als enger Verbündeter Israelsbpb.de) und die Sowjetunion verschiedene Seiten.
- Religiöse Ursachen: Jerusalem ist für Juden, Muslime und Christen eine heilige Stadtbpb.de. Dort befinden sich zentrale Heiligtümer (Tempelberg/Al-Aqsa-Moschee, Grabeskirche usw.), und alle drei Religionen erheben Anspruch auf diese Stättenevangelisch.de. Dies führt zu religiösen Spannungen – etwa Konflikten um den Tempelberg, wo z.B. 2021 Auseinandersetzungen an der Al-Aqsa-Moschee einen Gewaltausbruch auslöstentagesschau.de. Religiöse Narrative und Eifer können den politischen Konflikt verschärfen.
- Wirtschaftliche Ursachen: Ungleiche Ressourcenverteilung verschärft das Misstrauen – insbesondere der Kampf um Wasser in der trockenen Region. Israel kontrolliert die wichtigsten Wasserquellen; Palästinenser verfügen teils nur über ~100 Kubikmeter Wasser pro Kopf jährlich, deutlich weniger als Israelisfriedenskooperative.de. Wirtschaftliche Benachteiligung der Palästinenser: In den besetzten Gebieten herrschen hohe Arbeitslosigkeit und Armut (im Gazastreifen zeitweise ~80 % Arbeitslosigkeitgtai.de), teils bedingt durch Blockaden und Beschränkungen. Dies fördert Unzufriedenheit und Radikalisierung. Rolle der Ölwirtschaft: Die strategische Bedeutung des Nahen Ostens wird durch seine Erdölvorkommen erhöht. Arabische Ölstaaten nutzten Öl als politisches Druckmittel – etwa das Ölembargo 1973 gegen pro-israelische Länder während des Jom-Kippur-Krieges, das eine weltweite Energiekrise auslöstetagesschau.de.
Historische Ursachen
Osmanisches Erbe und Kolonialismus: Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs gehörte Palästina zum Osmanischen Reich. Nach dessen Zerfall teilten die europäischen Siegermächte die Region unter sich auf (Geheimabkommen Sykes-Picot 1916)
bpb.de. Großbritannien erhielt 1920 auf der San-Remo-Konferenz das Völkerbund-Mandat über Palästina
bpb.de, während Frankreich Syrien und Libanon übernahm. Die neuen Grenzziehungen orientierten sich an kolonialen Interessen, nicht an ethnischen oder religiösen Gegebenheiten, was spätere Konflikte begünstigte. Die Osmanen hatten die Region relativ einheitlich regiert; nun entstanden künstliche Grenzen und getrennte Verwaltungseinheiten, in denen verschiedene Volksgruppen neue Herrschaft erhielten (z.B. britisch unterstützte Emirate Transjordanien und Irak für die Haschemiten
bpb.de). Palästina blieb als britisches Mandatsgebiet jedoch ohne eigenen Staat, was einen Grundstein für künftige Konflikte legte.
Britisches Mandat und Balfour-Deklaration: Unter britischer Mandatsherrschaft (1918–1948) wuchsen die Spannungen in Palästina. Großbritannien hatte im Balfour-Brief 1917 zugesagt, die Errichtung einer “nationalen Heimstätte für das jüdische Volk” in Palästina zu unterstützen
bpb.de. Gleichzeitig weckten die Briten in der arabischen Welt Hoffnungen auf Unabhängigkeit – etwa durch die Hussein-McMahon-Korrespondenz, in der dem Sherif von Mekka ein arabisches Königreich in Aussicht gestellt wurde
bpb.de. Diese doppelten Versprechen führten zu widersprüchlichen Erwartungen: Jüdische Zionisten betrachteten Palästina nun als legitimes Siedlungsgebiet, während die arabische Mehrheitsbevölkerung eigene staatliche Ansprüche hegte und sich betrogen fühlte. In den 1920er und 1930er Jahren wanderten vermehrt Juden nach Palästina ein (Aliyot), was die demografische und politische Lage veränderte. Die zionistische Bewegung – inspiriert durch Theodor Herzl und motiviert vom europäischen Antisemitismus – strebte einen jüdischen Staat an
bpb.de. Für die arabischen Palästinenser wirkte dies wie eine Kolonisierung, da Land aufgekauft und eigene Institutionen gegründet wurden
erinnern.at. Es kam zu Unruhen und Aufständen, z.B. arabische Revolten 1920/21, 1929 und der große Arabische Aufstand 1936–1939, gegen sowohl die britische Verwaltung als auch die zionistische Einwanderung. Die Briten reagierten teils mit Einschränkungen der jüdischen Immigration, konnten den Grundkonflikt jedoch nicht lösen
bpb.de. Die Mandatsmacht zog sich schließlich erschöpft zurück und übergab die Palästinafrage 1947 der neugegründeten UNO
Gründung Israels 1948: Die Vereinten Nationen empfahlen 1947 einen Teilungsplan für Palästina – zwei Staaten (einen jüdischen und einen arabischen) und ein internationalisiertes Jerusalem
bpb.de. Die jüdische Führung akzeptierte den Plan, trotz Unzufriedenheit über einige Grenzzuschnitte, da er das Ziel eines eigenen Staates ermöglichte
erinnern.at. Die arabischen Vertreter lehnten die Teilung als ungerecht ab, da sie etwa die Hälfte des Landes verlieren sollten, obwohl sie die Mehrheit der Bevölkerung stellten
erinnern.at. Am 14. Mai 1948 rief David Ben Gurion den Staat Israel aus, als das britische Mandat endete
erinnern.at. Unmittelbar darauf griffen die umliegenden arabischen Staaten (Ägypten, Transjordanien, Syrien, Libanon, Irak) ein, was den ersten arabisch-israelischen Krieg auslöste
erinnern.at. Israel setzte sich militärisch durch (in Israel als Unabhängigkeitskrieg gefeiert) und erweiterte sein Gebiet über die UN-Teilungslinien hinaus. Für die Palästinenser markiert 1948 dagegen die Nakba („Katastrophe“): Rund 700.000 Palästinenser flohen oder wurden vertrieben
erinnern.at, viele Dörfer wurden zerstört. Palästina als arabischer Staat entstand nicht – Jordanien besetzte das Westjordanland, Ägypten den Gazastreifen. Die Grundlage für den dauerhaften Konflikt war gelegt: Israel war etabliert, doch die Palästinenser verloren Land und Heimat, was ein zentrales historisches Trauma und Ursache für weiteren Widerstand ist.
Politische Ursachen
Zionismus (Jüdischer Nationalismus): Der politische Zionismus entstand Ende des 19. Jahrhunderts als Antwort auf Antisemitismus in Europa. Theodor Herzl und andere propagierten einen eigenen jüdischen Staat, um Schutz vor Verfolgung zu bieten
erinnern.at. Palästina wurde als Ort des biblischen Erbes und historischen jüdischen Königreichs ausgewählt – man verstand die Rückkehr dorthin als Wiederherstellung der jüdischen Heimat
erinnern.at. In den folgenden Jahrzehnten organisierten Zionisten die Einwanderung (Aliya) tausender jüdischer Siedler nach Palästina, Kauf von Land und Aufbau eigener Gemeinden (z.B. Kibbuzim) sowie Verteidigungsorganisationen. Dies stärkte den Anspruch auf Staatsgründung. Der Zionismus war zunächst eine überwiegend säkulare, nationale Bewegung, erhielt aber später auch religiöse Unterstützung durch die Vorstellung eines „gelobten Landes“. Politisch führte der Zionismus zur Bildung der jüdischen Agency und paramilitärischer Gruppen (Hagana, Irgun), die im Mandatszeitraum und 1948 für die Durchsetzung der Staatsgründung kämpften. Die zionistische Ideologie – ein jüdischer Mehrheitsstaat in Eretz Israel – stand jedoch im fundamentalen Gegensatz zu den Rechten der dort ansässigen arabischen Bevölkerung, was den Grundkonflikt ausmacht.
Arabischer Nationalismus und palästinensische Selbstbestimmung: Parallel entwickelte sich im arabischen Raum und in Palästina eine starke nationalistische Strömung. Bereits während des Ersten Weltkriegs hatte Sherif Hussein von Mekka versucht, ein großarabisches Reich zu schaffen, was teilweise zur Gründung arabisch geführter Staaten (Irak, Transjordanien, Saudi-Arabien) führte
bpb.de. In Palästina selbst formierte sich in den 1920ern und 1930ern ein palästinensischer Nationalismus, der zunächst von lokalen Eliten wie dem Mufti von Jerusalem (Hajj Amin al-Husseini) getragen wurde. Die arabischen Palästinenser forderten Unabhängigkeit oder Anschluss an ein arabisches Großreich, jedenfalls aber die Verhinderung einer jüdischen Staatbildung in ihrem Land. Sie sahen in der zionistischen Einwanderung und Landnahme eine Bedrohung ihrer Existenz und Rechte
erinnern.at. Aus arabischer Sicht handelte es sich – wie erwähnt – um einen kolonialen Akt europäischer Juden, der die einheimische Bevölkerung enteignete
erinnern.at. Der Widerstand nahm sowohl politische Formen (Kongresse, Petitionen) als auch gewaltsame (Proteste, Revolten) an. Auch nach 1948 blieb der arabische Nationalismus prägend: Die umliegenden arabischen Staaten betrachteten Israel als illegitimes, vom Westen aufgezwungenes Konstrukt und propagierten dessen Beseitigung oder zumindest die Rücknahme der Folgen von 1948. Gleichzeitg entwickelten sich spezifisch palästinensische Widerstandsorganisationen (etwa die PLO 1964 unter Yasser Arafat), die das Recht auf einen eigenen palästinensischen Staat einforderten – notfalls mit Waffengewalt.
Israelisch-palästinensischer Konflikt: Im Kern dreht sich der Nahostkonflikt um den gegenseitigen Anspruch auf das gleiche Territorium durch zwei Völker
erinnern.at. Beide Seiten – Israelis (Juden) und Palästinenser (überwiegend Araber) – betrachten das Land zwischen Mittelmeer und Jordan als ihre Heimat und sehen ihre nationale Identität daran geknüpft. Dieser territoriale und ethno-nationale Grundgegensatz führte seit den 1940er Jahren zu mehreren Kriegen und Aufständen: Neben dem Krieg 1948 folgten weitere arabisch-israelische Kriege (Suez-Krise 1956, Sechstagekrieg 1967, Jom-Kippur-Krieg 1973, Libanonkriege etc.). Insbesondere 1967 besetzte Israel im Sechstagekrieg das Westjordanland (mit Ost-Jerusalem) und den Gazastreifen sowie die Golanhöhen und Sinai-Halbinsel. Seitdem dauert die israelische Besatzung palästinensischer Gebiete an, was den Konflikt vertieft hat. Die Palästinenser erhoben über die PLO den Anspruch auf ein eigenes Staatswesen und lehnten Israels Existenz (anfangs) ab, was zu Jahrzehnten des Terrors und der Gewalt auf beiden Seiten führte. In den Intifadas (palästinensischen Aufständen 1987–1993 und 2000–2005) protestierte die palästinensische Bevölkerung massiv gegen die Besatzung und für Selbstbestimmung. Israel wiederum sieht sich in seinem Existenzrecht bedroht durch Feindseligkeiten radikaler Palästinenser (z.B. Hamas, die zur Zerstörung Israels aufruft) und hat auf Terroranschläge mit Militärschlägen und Sicherheitsmaßnahmen (wie Checkpoints, Sperranlagen) reagiert. Der Konflikt ist daher zu einem verhärteten Kreislauf von Aktion und Reaktion geworden. Trotz Friedensverhandlungen (Oslo-Abkommen 1993/95 mit Aussicht auf Zwei-Staaten-Lösung) blieben Kernfragen – Grenzziehung, Status Jerusalems, Rückkehrrecht der Flüchtlinge, Sicherheit – ungeklärt. Die gegenseitige Nichtanerkennung legitimer Ansprüche und tiefes Misstrauen machen den Konflikt politisch äußerst schwierig lösbar
Rolle der Großmächte: Äußere Mächte haben von Anfang an eine große Rolle im Nahostkonflikt gespielt. Großbritannien formte mit seinem Mandat und widersprüchlichen Versprechen die Ausgangslage. Nach 1945 übernahmen die USA und die Sowjetunion wachsenden Einfluss. Zunächst erkannten beide Supermächte 1948 den Staat Israel an, aber im Kalten Krieg entwickelten sich Lager: Die USA wurden zum wichtigsten Verbündeten Israels und gewährten erhebliche Militär- und Wirtschaftshilfe
bpb.de, während die UdSSR (und später Russland) lange Zeit viele arabische Staaten unterstützte (z.B. Waffenlieferungen an Ägypten, Syrien, Irak) und die palästinensische Sache diplomatisch förderte. Die Vereinten Nationen als internationale Großmacht im diplomatischen Sinne spielten ebenfalls eine Rolle: von Resolution 242 (1967), die Israels Rückzug aus besetzten Gebieten forderte, bis zu regelmäßigen Debatten über Menschenrechtsverletzungen. Die Einbindung des Konflikts in die Ost-West-Konfrontation verschärfte ihn teilweise – so verhinderten gegenseitige Vetos im UN-Sicherheitsrat oft einheitliche Maßnahmen. Gleichzeitig zwangen globale Interessen die Großmächte immer wieder zu Engagement in Friedensprozessen: etwa die amerikanische Vermittlung beim Camp-David-Abkommen 1978 (Frieden zwischen Ägypten und Israel) oder bei Oslo in den 1990ern. Europäische Mächte (Frankreich, Großbritannien) waren direkt in Ereignisse wie der Suezkrise 1956 verwickelt. Zudem spielt die USA als Schutzmacht der internationalen Schifffahrtswege und der Ölversorgung eine indirekte Rolle: Stabilität in Nahost ist ein zentrales geopolitisches Anliegen. Insgesamt haben die Großmächte durch politische Unterstützung, Waffenlieferungen und Diplomatie die Fronten beeinflusst – häufig zugunsten ihres jeweiligen Partners (USA für Israel, UdSSR früher für arabische Regime). Diese Einmischungen haben den Konflikt internationalisiert und seine Dauerhaftigkeit mitbegründet.
Religiöse Ursachen
Jerusalem und heilige Stätten: Jerusalem steht im Zentrum der religiösen Dimension. Die Stadt ist dreifach heilig – für Juden, Christen und Muslime
bpb.de. Jede der abrahamitischen Religionen verbindet entscheidende Ereignisse und Heiligtümer mit Jerusalem: Im Judentum ist es die Stadt Davids und Salomos, Standort des alten Tempels (das Heiligtum, von dem heute die Klagemauer übrig ist); im Christentum der Ort von Jesu Kreuzigung und Auferstehung (Grabeskirche) sowie Wirkungsstätte; im Islam der Ort der Himmelsreise des Propheten Mohammed und Standort der al-Aqsa-Moschee und des Felsendoms auf dem Haram al-Sharif (Tempelberg), der drittheiligsten Stätte des Islam
tagesschau.de. Alle drei Religionen erheben Anspruch auf ein „Stück ihrer Geschichte“ in Jerusalem
evangelisch.de. Diese Überlagerung von Heiligtümern bedeutet, dass keine Gruppe leicht auf Jerusalem verzichten will. Die Frage, wer die Souveränität über Jerusalem und insbesondere über den Tempelberg ausübt, ist daher hochemotional und symbolträchtig. Bereits in der britischen Mandatszeit führten religiöse Spannungen zu Gewalt – z.B. Unruhen 1929 rund um die Klagemauer/Tempelberg, als es zu Massakern an Juden (in Hebron) und Arabern kam, ausgelöst durch Streit um Gebetsrechte an der Mauer. Auch heute ist Jerusalem ein Brennpunkt: Jeder Besuch nationalistischer jüdischer Politiker auf dem Tempelberg oder Änderungen des Status quo dort (wonach Muslime die alleinigen Gebetsrechte auf dem Plateau haben, Juden nur an der Westmauer) provoziert Proteste in der islamischen Welt. Umgekehrt sehen viele Juden die faktische Teilung Jerusalems vor 1967 oder die eingeschränkten Zugangsrechte zum Tempelberg als historische Ungerechtigkeit. Religiöser Eifer kann hier leicht in Gewalt umschlagen
bpb.de. So kam es beispielsweise im Jahr 2000 zum Besuch Ariel Sharons auf dem Tempelberg, was die Zweite Intifada auslöste. 2021 führten Spannungen im Ramadan und Pessach zu Zusammenstößen an der al-Aqsa-Moschee, die in einem elftägigen Krieg zwischen Israel und Hamas eskalierten
tagesschau.de. Jerusalem ist somit nicht nur politisch, sondern auch spirituell umkämpft, was Kompromisse erschwert – jede Seite fürchtet, ihre heiligen Stätten und damit einen Teil ihrer Identität zu verlieren.
Religiöse Spannungen zwischen Juden, Muslimen und Christen: Neben Jerusalem tragen allgemein religiöse Unterschiede zur Konfliktintensität bei. Zwar ist der israelisch-palästinensische Konflikt primär nationalistischer Natur, doch Religion dient oft als Identitätsmarker: Die meisten Israelis sind Juden, die meisten Palästinenser Muslime (und eine christliche Minderheit). Dies führt dazu, dass Konfliktlinien oft als „Juden vs. Muslime“ wahrgenommen werden. Extremisten auf beiden Seiten benutzen religiöse Rhetorik: Jüdische Siedlerbewegungen berufen sich auf biblische Versprechen, um ihren Anspruch auf das „Gelobte Land“ (auch in Westjordanland) zu legitimieren; islamistische Gruppen wie Hamas stilisieren den Kampf gegen Israel als Dschihad zur Befreiung muslimischen Landes und zum Schutz der Al-Aqsa. Solche religiös aufgeladenen Narrative machen Kompromisse schwieriger, da sie den Konflikt als göttlichen Auftrag oder apokalyptischen Kampf interpretieren. Auch Christen haben historisch im Heiligen Land gekämpft (Kreuzzüge) und bis heute beobachten christliche Nationen die Entwicklung Jerusalems mit Interesse, doch im aktuellen Konflikt spielen lokale Christen eher eine Vermittlerrolle oder stehen als palästinensische Christen auf arabischer Seite. Jedoch haben z.B. evangelikale Christen in den USA großen Einfluss, da sie aus religiöser Überzeugung (Endzeit-Erwartungen, Bündnis mit „Gottes Volk“) stark pro-israelisch eingestellt sind und die US-Politik beeinflussen. Insgesamt gilt: Religion und Politik vermischen sich im Nahostkonflikt oft. Die heiligen Stätten und Glaubensüberzeugungen schaffen eine emotionale Tiefe, die über rein materielle Fragen hinausgeht. Kompromisse wie Teilungen von Land werden durch das Empfinden erschwert, man gebe „heiliges Boden“ oder göttliche Verheißungen auf. Allerdings betonen viele Experten, dass der Kern des Konflikts Land und Rechte sind – Religion dient häufig der Legitimierung oder Mobilisierung
magazin.uni-leipzig.de. Nichtsdestotrotz sind Vorurteile und Misstrauen zwischen den Religionsgemeinschaften auch Ergebnis der langen Konfliktgeschichte: Das gegenseitige Feindbild wird teilweise religiös überhöht (z.B. antisemitische bzw. antijüdische Stereotype in der arabischen Welt oder islamfeindliche Haltungen auf israelischer Seite). Solche Spannungen können friedliches Zusammenleben erschweren, sind aber Folge wie Verstärker des Grundkonflikts.
Wirtschaftliche Ursachen
Ressourcenverteilung und Konkurrenz: Der Nahostkonflikt hat auch eine materielle Komponente. Land ist selbst eine Ressource – fruchtbares Ackerland und Wohnraum sind knapp und umstritten, besonders in dicht besiedelten Gebieten wie dem Gazastreifen oder den hügeligen Regionen des Westjordanlands. Eine der wichtigsten Ressourcen in diesem ariden Gebiet ist jedoch Wasser. Von Anfang an spielte Wasser eine Rolle bei Siedlungsprojekten (Bewässerung der Landwirtschaft in israelischen Kibbuzen) und wurde zu einem Streitpunkt. Israel brachte nach 1948 zentrale Wasserressourcen unter Kontrolle, etwa durch den National Water Carrier (Wasserleitung vom See Genezareth)
friedenskooperative.de. Nach dem Sechstagekrieg 1967 kontrolliert Israel alle relevanten Wasservorkommen (Jordanquellen auf den besetzten Golanhöhen, Bergaquifer im Westjordanland). Den Palästinensern ist es seitdem oft untersagt, neue Brunnen zu bohren, und ihr Wasserverbrauch wird limitiert
planet-wissen.de. Statistiken verdeutlichen die Ungleichheit: In den 1990ern standen Israelis pro Kopf ein Mehrfaches an Wasser zur Verfügung verglichen mit Palästinensern; aktuell liegen Israel (ca. 370 m³/Jahr) und Jordanien (220 m³) schon weit unter dem minimalen Versorgungswert, aber die Palästinenser müssen gar mit rund 100 m³ pro Kopf im Jahr auskommen
friedenskooperative.de – also mit weniger als 300 Litern/Tag für alle Zwecke (Haushalt, Landwirtschaft, Industrie). Diese Diskrepanz erzeugt erhebliche Spannungen. Palästinensische Bauern klagen, dass israelische Siedlungen und Städte überproportional Wasser entnehmen, während ihre Felder dürsten. Israel argumentiert mit eigener Effizienz (Tröpfchenbewässerung, Entsalzung) und verweist auf Abmachungen (z.B. Wasserabkommen im Oslo-II-Vertrag). Dennoch bleibt Wasserknappheit ein latenter Konfliktherd, der das Misstrauen verstärkt: Viele Palästinenser empfinden die Ressourcenverteilung als ungerecht und ausbeuterisch, was die Feindseligkeit gegenüber Israel erhöht. Neben Wasser sind auch andere Ressourcen relevant – z.B. Landzugang: Straßen und fruchtbare Gebiete werden durch Sperrzonen, Siedlungen und Militärgebiete eingeschränkt nutzbar, was die palästinensische Wirtschaft behindert (z.B. Verlust von Agrarland im Jordantal). Rohstoffe wie Mineralien oder Gas (vor Gaza gibt es Erdgasfelder) könnten Wohlstand bringen, werden aber wegen des Konflikts kaum gemeinsam genutzt.
Wirtschaftliche Benachteiligung der Palästinenser: Die sozioökonomische Ungleichheit zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten ist enorm und trägt zur Konfliktursache bei. Israel hat sich seit 1948 zu einer hochentwickelten Volkswirtschaft entwickelt, während die Palästinenser – insbesondere unter Besatzung – wirtschaftlich stark zurückgeblieben sind. Gründe sind u.a. eingeschränkte Bewegungsfreiheit (Checkpoints, Grenzschließungen), begrenzter Marktzugang, Zerstörungen durch Krieg und das Fehlen eines souveränen Staates, der eigenständig Wirtschaftspolitik betreiben kann. Die Folge sind hohe Arbeitslosigkeit und Armut in Gaza und Teilen der Westbank. Im Gazastreifen, der seit 2007 unter einer strikten Blockade durch Israel (und Ägypten) steht, liegen die Wirtschaftsaktivitäten am Boden. Schon vor jüngsten Eskalationen betrug die Arbeitslosenquote dort weit über 40 %; im Jahr 2024 – nach Kriegsschäden – wurde zeitweise nahezu 80 % Arbeitslosigkeit in Gaza verzeichnet
gtai.de. Auch in der Westbank liegt die offizielle Arbeitslosigkeit oft bei 15–25 %, bei Jugendlichen noch höher. Viele Palästinenser sind auf Jobs in Israel angewiesen, die aber kontingentiert und unsicher sind. Die Armutsrate ist entsprechend hoch, vor allem in Gaza, wo die Mehrheit der 2 Millionen Einwohner auf humanitäre Hilfe angewiesen ist. Diese wirtschaftliche Perspektivlosigkeit schürt Frustration und das Gefühl der Demütigung unter Palästinensern. Sie sehen darin eine Folge der Besatzung und Siedlungspolitik: Kontrollpunkte verzögern den Warentransport, Exportrestriktionen und Importabhängigkeit strangulieren lokale Unternehmen. Auch Korruption und interne politische Spaltungen (Fatah vs. Hamas) beeinträchtigen die palästinensische Wirtschaft, doch maßgeblich ist die äußere Beschränkung. Armut und Arbeitslosigkeit gelten als Nährboden für Extremismus – junge Menschen ohne Hoffnung sind empfänglicher für radikale Ideologien, was wiederum den Konflikt anfacht. Israel seinerseits argumentiert, Sicherheitsbedenken erzwingen manche Einschränkungen; dennoch erkennt auch die internationale Gemeinschaft (Weltbank, UN) an, dass wirtschaftliche Entwicklung in den Palästinensergebieten ein Schlüssel zum Frieden wäre. Bisher bleibt aber ein extremes Wohlstandsgefälle bestehen: Das Pro-Kopf-Einkommen in Israel ist um ein Vielfaches höher als in Gaza oder der Westbank. Diese ungleiche Entwicklung erzeugt Neid und Groll – viele Palästinenser empfinden die Situation als eine Form von Apartheid oder Unterdrückung, was politisch mobilisiert (z.B. Boykott-Bewegungen).
Rolle der Ölwirtschaft und geostrategische Interessen: Obwohl der israelisch-palästinensische Konflikt selbst nicht um Erdöl geführt wird (weder Israel noch Palästina besitzen große Ölreserven), spielt Öl in der Region eine indirekte, aber bedeutende Rolle. Der Nahe Osten insgesamt beherbergt erhebliche Teile der weltweiten Öl- und Gasvorkommen (besonders in arabischen Staaten am Golf). Diese Tatsache hat die Region im 20. Jahrhundert zu einem geopolitischen Schwerpunkt gemacht – die Großmächte haben starkes Interesse an stabilem Zugang zu Energie. Arabische Staaten haben im Kontext des Nahostkonflikts mehrmals ihr „Öl-Waffen“-Potential genutzt. Das bekannteste Beispiel ist das Ölembargo 1973: Nach Ausbruch des Jom-Kippur-Krieges zwischen Israel und Ägypten/Syrien im Oktober 1973 verhängten die OPEC-Staaten unter arabischer Führung einen Lieferstopp gegen die USA, die Niederlande und andere israelfreundliche Länder
tagesschau.de. Dies führte zur ersten weltweiten Ölkrise, mit drastisch steigenden Preisen, Energieknappheit und Rezession in westlichen Staaten
tagesschau.de. Das Ereignis zeigte, dass der Nahostkonflikt globale wirtschaftliche Auswirkungen haben kann, was den Druck auf alle Akteure erhöhte, politische Lösungen zu suchen. Auch später blieben Öl und Gas Faktoren: Die Golfstaaten finanzierten teils die Frontstaaten im Konflikt (z.B. Saudi-Arabien unterstützte Ägypten und Jordanien, oder der Irak die Palästinenser) – ihr Wohlwollen hing mit der Haltung dieser Länder zu Israel zusammen. Zugleich sorgte die Abhängigkeit vom arabischen Öl in Europa und Japan dafür, dass diese Staaten im Konflikt oft eine ausgleichendere Position einnahmen als die USA. Energie-Interessen beeinflussen also die Diplomatie: etwa die Zurückhaltung mancher Länder bei allzu einseitiger Parteinahme, um Lieferbeziehungen nicht zu gefährden. In jüngerer Zeit spielt auch Erdgas im östlichen Mittelmeer (vor Israels und Gazas Küste) eine Rolle – hier könnten Kooperation oder Streit um Förderrechte entstehen, je nach politischer Entwicklung. Zudem hat die enorme Öl- und Gasrente einiger arabischer Staaten (Saudi-Arabien, Katar, VAE) diesen Ländern ermöglicht, politischen Einfluss auszuüben – z.B. durch Unterstützung palästinensischer Einrichtungen oder im Gegensatz auch Annäherung an Israel (wenn gemeinsame Interessen wie gegen Iran bestehen, wie aktuell bei manchen Golfstaaten). Zusammengefasst: Ölreichtum verschafft arabischen Akteuren finanzielle Mittel und weltpolitisches Gewicht, das auch im Nahostkonflikt spürbar ist. Der Konflikt selbst drehte sich zwar nie direkt um Öl, aber ohne die strategische Bedeutung der ölreichen Region wäre die internationale Aufmerksamkeit und Verflechtung geringer. Somit trägt die Ölwirtschaft indirekt dazu bei, dass der Nahostkonflikt ein internationaler Zankapfel bleibt, in dem globale Wirtschaftsinteressen mitspielen.
Fazit: Die Ursachen des Nahostkonflikts sind vielschichtig – historisch-territoriale Anlässe überschneiden sich mit politischen Ideologien, religiösen Emotionen und wirtschaftlichen Faktoren. Das osmanische Erbe und der Kolonialismus schufen den Rahmen, konkurrierende Nationalismen entzündeten den konkreten Konflikt, religiöse Bedeutungen erhöhen die Intransigenz, und materielle Ungleichheiten sowie strategische Ressourcen verlängern ihn. Die genannten Aspekte bedingen und verstärken einander. Nur unter Berücksichtigung all dieser Dimensionen lässt sich die Komplexität des Nahostkonflikts verstehen – eine objektive, historisch fundierte Analyse zeigt, dass keine einzelne Ursache allein den Konflikt erklärt, sondern ein Zusammenspiel von Geschichte, Politik, Religion und Wirtschaft zur andauernden Spannung zwischen Israelis und Palästinensern geführt hat.
Stakeholder und ihre Rollen, Interessen & Einflussstärke
Stakeholder | Rolle | Interessen | Einfluss |
---|---|---|---|
Israel | Staat mit starker Wirtschaft und Militär | Sicherheit, Siedlungsbau, territoriale Kontrolle | Hoch |
Palästinenser | Bevölkerung ohne eigenen Staat | Eigenstaatlichkeit, Rückkehrrecht, Souveränität | Mittel |
USA | Globale Supermacht, Israels stärkster Verbündeter | Unterstützung Israels, regionale Stabilität, Schutz von Verbündeten | Sehr Hoch |
EU | Diplomatische Macht mit wirtschaftlichem Einfluss | Friedenslösung, wirtschaftliche Stabilität | Mittel |
Arabische Staaten | Regionale Mächte mit unterschiedlichem Einfluss | Unterstützung der Palästinenser, geopolitische Kontrolle | Mittel |
Iran | Regionaler Gegenspieler Israels, unterstützt Hamas | Anti-Israel-Politik, Einfluss in Palästina & Libanon | Hoch |
Hamas | Islamistische militante Gruppe in Gaza | Widerstand gegen Israel, politische Kontrolle über Gaza | Hoch |
Fatah (PA) | Palästinensische Regierung im Westjordanland | Diplomatische Lösung, Erhalt der Macht gegenüber Hamas | Mittel |
UNO | Internationale Organisation | Friedensprozess, Menschenrechte, Flüchtlingshilfe | Mittel |
Russland | Weltmacht mit geopolitischem Interesse | Gegengewicht zu den USA, Einfluss in Nahost | Mittel |
Einflussverhältnisse zwischen den Stakeholdern
(→ bedeutet Einfluss, + positive Beziehung, – negative Beziehung)
USA → Israel (Hoch, positiv)
- USA gewährt Israel jährlich Milliardenhilfe (Militär, Wirtschaft)
- USA blockiert UN-Resolutionen gegen Israel und fördert Sicherheitskooperationen
- USA drängt Israel zu diplomatischen Lösungen, aber toleriert Siedlungspolitik
USA → Palästinenser (Mittel, gemischt)
- USA unterstützt palästinensische Autonomiebehörde (PA) finanziell, aber begrenzt
- USA erkennt israelische Besatzung teilweise an, lehnt Hamas jedoch ab
- USA fördert Zwei-Staaten-Lösung, aber schwächt Palästinenser diplomatisch
EU → Israel (Mittel, gemischt)
- EU kritisiert Siedlungspolitik, aber bleibt Israels größter Handelspartner
- EU drängt Israel zu Friedensverhandlungen
- EU verurteilt Gewalt von beiden Seiten, verhängt gelegentlich Sanktionen
EU → Palästinenser (Mittel, positiv)
- EU unterstützt Palästinenser finanziell (v.a. Infrastruktur & humanitäre Hilfe)
- EU kritisiert Israels Siedlungspolitik und fordert Zwei-Staaten-Lösung
UNO → Israel (Schwach, negativ)
- UNO verurteilt Israels Siedlungspolitik regelmäßig, aber ohne harte Sanktionen
- Israel ignoriert oft UNO-Resolutionen, da USA sie blockieren
UNO → Palästinenser (Mittel, positiv)
- UNO verwaltet palästinensische Flüchtlingshilfe (UNRWA)
- UNO erkennt Palästina (teilweise) als Staat an
Arabische Staaten → Palästinenser (Mittel, gemischt)
- Arabische Liga unterstützt Palästinenser rhetorisch, aber oft ohne Konsequenzen
- Saudi-Arabien & VAE nähern sich Israel an, reduzieren Hilfe für Palästinenser
- Katar finanziert Hamas in Gaza, während Ägypten die Hamas bekämpft
Arabische Staaten → Israel (Schwach bis Mittel, zunehmend positiv)
- Friedensverträge mit Ägypten (1979), Jordanien (1994), Abraham-Abkommen (2020)
- Kooperation mit Israel gegen Iran, v.a. Saudi-Arabien & VAE
Iran → Hamas (Hoch, positiv)
- Iran finanziert Hamas und Hisbollah, liefert Waffen und Logistik
- Iran fördert bewaffneten Widerstand gegen Israel
Iran → Israel (Hoch, negativ)
- Iran ruft offen zur Zerstörung Israels auf
- Israel führt gezielte Angriffe auf iranische Stützpunkte in Syrien & Libanon
Hamas → Israel (Hoch, extrem negativ)
- Hamas führt Raketenangriffe auf Israel durch, Israel reagiert mit Luftschlägen
- Hamas lehnt israelische Existenz ab und führt bewaffneten Kampf
Fatah (PA) → Hamas (Mittel, negativ)
- Fatah (Westbank) & Hamas (Gaza) sind politische Rivalen
- Hamas gewann 2006 Wahlen, wurde aber aus der PA ausgeschlossen
- Fatah kooperiert teilweise mit Israel, während Hamas Krieg führt
Russland → Iran (Mittel, positiv)
- Russland und Iran sind strategische Partner gegen den Westen
- Russland unterstützt Irans Einfluss in Syrien & Libanon
Russland → USA (Mittel, negativ)
- Russland und USA haben gegensätzliche Positionen in Nahost
- Russland unterstützt teilweise Palästinenser, USA Israel
Zusammenfassung der Machtverhältnisse
- USA hat den stärksten Einfluss auf Israel und ist Israels Schutzmacht.
- Israel hat militärische Dominanz, kontrolliert palästinensische Gebiete.
- Palästinenser sind politisch gespalten (Fatah vs. Hamas) und international geschwächt.
- Iran nutzt Hamas als Stellvertreter gegen Israel, während Israel Irans Einfluss eindämmt.
- Arabische Staaten haben an Einfluss verloren, einige kooperieren nun mit Israel.
- Russland hat mittelbaren Einfluss, nutzt Iran und Syrien zur Destabilisierung der Region.
- UNO hat nur geringen Einfluss, da Resolutionen oft nicht durchgesetzt werden.
Diese Einflussmatrix gibt einen umfassenden Überblick über die Kräfteverhältnisse im Nahostkonflikt.